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GROUPON GUIDE HAMBURG

Der Hamburger Dom: Zwischen Zuckerwatte, Geisterbahn und Riesenrad

Autor: Aroma Berlin |13. März 2015
Der Hamburger Dom: Zwischen Zuckerwatte, Geisterbahn und Riesenrad

Jahrmärkte sind ein Relikt aus dem frühen Mittelalter. Lange vor der klassischen Shopping-Mall oder dem Marktplatz waren sie Orte für Händler, Gaukler und Quacksalber, an denen man Dinge kaufen konnte und wo die Ware zum Ereignis wurde. Der Hamburger Dom ist eines dieser traditionellen Feste – sogar sein Name ist Hinweis auf die alte Tradition, denn bis 1804 fand er im Domgebäude statt, wenn mal wieder feuchtes Hamburger Schietwetter war.

Im 19. Jahrhundert und mit Beginn der Elektrifizierung kam die Freizeitkultur und der Markt wandelte sich vom Ort der Händler und Gaukler zum Vergnügungspark. Auch der Hamburger Dom, der seit 1893 auf seinem heutigen Ort am Heiligengeistfeld stattfindet, nahm diese Entwicklung. Dabei waren die ersten Vergnügungen gar nicht so, wie man das heute von einer Kirmes kennt; zunächst waren die Gaukler die Attraktion, erst später kamen die Fahrgeschäfte. Viele Attraktionen sind Erfindungen der Weltausstellungen. Unverrückbares Relikt einer solchen Ausstellung ist der Pariser Eiffelturm, dessen eigentliche Attraktion zu Beginn der Moderne in der Illuminerung und den Möglichkeiten bestand, die sich durch den Einsatz von neuem Material wie Stahl boten . Außerdem waren Vergnügungsparks stets Orte, an denen sich Menschen aller Klassen trafen, denn dort unterlagen sie weniger gesellschaftlichen Zwänge oder Regeln als an anderen Orten der Kultur.

Hamburger Dom

Legendäre Vergnügungsparks wie Coney Island in New York entstanden mit der Moderne und hatten in den Glanzzeiten mehrere zehntausend Besucher pro Wochenende. Dabei steht Coney Island stellvertretend für die gesamte Entwicklung: Der erste Anzugspunkt waren Pferderennen, bis um1900 herum viele Attraktionen aus vergangenen Weltausstellungen zusammengekauft wurden, um den Grundstein für den Park der Fahrgeschäfte zu legen. Diese Attraktionen waren schon vor über 100 Jahren den heutigen nicht unähnlich: die Achterbahn, das Riesenrad, das Karussell – all die Dinge, die auch heute noch auf der klassischen Kirmes zu finden sind, standen auch schon an diesen geschichtsträchtigen Orten. Das war in Amerika etwas früher als in Europa, aber an sich entwickelte sich die Kirmes in Hamburg nicht anders als in New York.

Hamburger Dom

Um die Faszination der Kirmes zu verstehen, ist es hilfreich, sich einmal kurz in die Moderne hineinzudenken . Für Menschen unserer Generation ist der Cyberspace fast so etwas wie Normalität und natürlich haben wir im Spiegelkabinett keine Angst. Unsere Gesellschaft ist so frei, dass wir einfach jemanden kennenlernen können, wenn uns danach ist, und wer einmal auf einem Rave war, wird bei der Dekoration und dem Licht eines Autoscooters nur müde lächeln. Aber in der Moderne, also zu Boomzeiten der Vergnügungsparks, war das noch völlig anders. Berührungen in der Öffentlichkeit waren verpönt bis verboten und Frauen konnten zwar immerhin schon eigenes Geld verdienen, aber eigenes Handeln war alles andere als normal und die gesellschaftliche Moralkeule war stets in Lauerstellung, für Frauen wie für Männer. Nur auf der Kirmes war alles etwas lockerer und man konnte sich treffen, heimlich Berührungen austauschen und sich der Faszination von Geschwindigkeit, Licht und lauter Musik hingeben.

Hamburger Dom

Diese Faszination einer eigentlich vergangenen Epoche des “fahrenden Volkes” der Schausteller findet man an so mancher Stelle auch noch heute auf dem Hamburger Dom. So manches Fahrgeschäft hat keinerlei Neuigkeitsbonus, dafür aber einen umso größeren Gruselfaktor, wie die Geisterbahn, die durch die Dunkelheit rattert als wäre sie noch aus dem vorletzten und nicht erst aus dem letzten Jahrhundert. Der Autoscooter ist immer wieder ein faszinierender Ort, um sich vorzustellen, wie die Bee Gees in den 70er Jahren Disco mit prägten. Pinkfarbenes Flackerlicht und laute Discomusik machen sowieso immer Spaß, so wie auf der Berg- und Talbahn, die unter dem Glanz der großen Discokugel ihre Kreise dreht. Auch das Knarzen des Metalls des Riesenrades ist immer wieder etwas ungewohnt, obwohl der Blick über die erleuchtete Stadt für jeden Angstmoment entschädigt. Und selbst das alte Spiegelkabinett ist immer wieder lustig, wenn man den Weg durch das Labyrinth nicht sofort findet.

Hamburger Dom

Am Ende eines Dombesuchs bin ich dann meistens 20 Euro los, habe mich prächtig amüsiert und viel zu viel sinnlosen Süßkram gegessen. Und wenn meine Freunde überhaupt nicht verstehen, warum ich mich immer wieder gerne in die Untiefen des völlig normalen Vergnügens begebe, erzähle ich die Geschichte von Coney Island. Kirmes kann einfach nur Spaß machen – auch mit Kindern und größeren Gruppen –, aber man kann obendrein versuchen, die Faszination der Moderne zu sehen und sich für einen kurzen Moment wie in einem Stadtroman des 20. Jahrhunderts fühlen. Man kann heimlich mit seinem Freund im Riesenrad knutschen und sich vorstellen, wie es wohl früher gewesen sein mag, als man danach nicht einfach unverheiratet in die gemeinsame Wohnung gehen konnte. Und man kann einfach nur das Lichtermeer genießen, egal ob es gerade auf dem Winterdom schneit, ob man am Frühlingsdom abends noch eine warme Jacke braucht oder ob man zum Sommerdom die Abkühlung in der Wasserrutsche sucht. Vielleicht ist der Dom keine gute Idee, wenn gerade Fußballspiel nebenan war und man Menschenmassen nicht mag, aber zu ganz normalen Wochentagen ist das Heiligengeistfeld schon einen Besuch wert. Und sei es nur, um zu träumen und den Geruch von frischen gebrannten Mandeln zu genießen.

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